"Leipziger Erklärung" des Verbandes Deutscher Privatschulverbände e. V.

Beitrag der Privatschulen zu den drängenden Herausforderungen des Bildungssystems

Privatschulen sind ein wichtiger Teil des pluralen Schulsystems und erfüllen gleichwertig den öffentlichen Bildungsauftrag. Aufgrund ihrer vielfältigen Konzepte und modernen Strukturen sind sie für das gesamte Bildungssystem von enormer Bedeutung. Wegen ihrer Innovationskraft und der modernen Lernkonzepte sind sie für viele Eltern eine entscheidende Alternative zu staatlichen Schulen.

Trotz dieser Bedeutung des Privatschulwesens mussten die Privatschulträger in den letzten Jahren feststellen, dass die Schulen durch wachsende Vorgaben und Bürokratie zunehmend eingeschränkt werden. Außerdem sind viele Finanzierungsmodelle in den einzelnen Bundesländern nicht mehr zeitgemäß, da sie inflationäre Entwicklungen sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen nicht einbeziehen.

Der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. hat deshalb im Rahmen des Bundeskongresses, der vom 22. bis 24. November in Leipzig stattfand, eine "Leipziger Erklärung" verfasst und sechs Forderungen an die Politik in Bund und Ländern formuliert, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Darin werden politische Entscheidungsträger aufgefordert, Privatschulen vollumfänglich zu schützen und der Privatschulfreiheit entgegenstehende Vorgaben und Einschränkungen abzubauen.

Die sechs Forderungen, die der VDP im Rahmen seiner inhaltlichen Auseinandersetzung und der Erarbeitung der "Leipziger Erklärung“ formuliert hat, lauten:

  1. Freiheit durch Gleichberechtigung
  2. Freiheit durch ausreichende Finanzierung
  3. Freiheit für Lehrerqualifizierung
  4. Freiheit für Digitalisierung
  5. Freiheit durch Bürokratieabbau
  6. Freiheit für Innovation

 

Leipziger Erklärung – Beitrag der Privatschulen zu den drängenden Herausforderungen des Bildungssystems

„Bildung ist die zentrale Schlüsselressource einer modernen Gesellschaft. Nur durch sie können die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden.“

So steht es im Leitbild des Verbands Deutscher Privatschulverbände e.V. (VDP). Dieser Satz ist heute mehr denn je von zentraler Bedeutung: Ob Fachkräftemangel, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Ganztagsbetreuung oder Migration – das Bildungswesen in Deutschland steht aufgrund gesellschaftlicher, technischer und struktureller Entwicklungen enormen Herausforderungen gegenüber, die vielfältige Veränderungsprozesse erforderlich machen. Schulen in privater Trägerschaft orientieren sich pädagogisch und strukturell an diesen Entwicklungen und sind deshalb bestrebt, die Bildungsqualität stetig weiterzuentwickeln. Aufgrund ihrer pädagogischen und organisatorischen Freiheit nach Artikel 7 Grundgesetz ist es ihnen möglich, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren und Veränderungen zügig anzustoßen und umzusetzen. Umso wichtiger ist es, Privatschulen als zentrale Säule des deutschen Bildungssystems zu stärken und ihre Freiheit zu schützen. Sie sind aufgrund ihrer vielfältigen Konzepte und modernen Strukturen für das gesamte Bildungssystem von enormer Bedeutung und müssen als notwendige Innovationskraft nachhaltig gefördert werden. Um Bildung in Deutschland zukunftsorientiert zu gestalten, müssen die politischen Weichen richtig gestellt werden. Der Verband Deutscher Privatschulverbände e.V. hat deshalb sechs Forderungen an die Politik in Bund und Ländern formuliert, die fundamental für die Zukunft des Privatschulwesens im Speziellen und des Bildungswesens im Allgemeinen sind.

Präambel - Privatschulfreiheit

 

Privatschulen sind nach Artikel 7 Absatz 4 des Grundgesetzes Teil unseres pluralen Schulsystems und erfüllen gleichwertig den öffentlichen Bildungsauftrag. Die Privatschulfreiheit ist Ausdruck der verfassungsrechtlich gewollten Vielfalt von Erziehung und Bildung. In Deutschland hat somit jeder das Recht, eine Privatschule zu gründen. Privatschulen stehen grundsätzlich allen Schülerinnen und Schülern offen und Eltern haben die Möglichkeit, ihr Grundrecht nach Artikel 6 Absatz 2 durch die Wahl einer bestimmten Schule und ihres pädagogischen Konzeptes zu verwirklichen. Der Staat hat eine Schutz- und Förderpflicht gegenüber dem Privatschulwesen.

Bedeutung von Privatschulen für das öffentliche Bildungswesen

 

In Deutschland befinden sich aktuell 14 Prozent aller Schulen in privater Trägerschaft. Der Anteil der Allgemeinbildenden Schulen liegt bei ca. elf Prozent. Private Berufsbildende Schulen machen 25 Prozent aller Schulen in diesem Bereich aus. Etwa eine Million Schülerinnen und Schüler in Deutschland besuchen eine Schule in privater Trägerschaft. Die Beliebtheit privater Schulen ist damit gleichbleibend hoch. Das liegt vor allem daran, dass freie Schulen sich fortwährend an den gesellschaftlichen Anforderungen orientieren. Mit vielfältigen pädagogischen Konzepten richten sie sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft und speziell an den Interessen von Schülerinnen und Schülern aus. Die Privatschulfreiheit ermöglichte bereits in der Vergangenheit die Entwicklung zahlreicher Konzepte und Innovationen, die auch auf das staatliche Schulwesen Einfluss hatten, wie zum Beispiel das Konzept der Ganztagsschule, Fremdsprachenunterricht an Grundschulen und individuelle Fördermodelle.

Das Bildungswesen in Deutschland steht aktuell enormen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen sowie strukturellen Veränderungen gegenüber. Die letzten Jahre haben zudem deutlich gezeigt, dass sich das Schulsystem vor dem Hintergrund des digitalen Wandels und nicht zuletzt durch den Einsatz KI-gestützter Methoden in Zukunft grundlegend verändern wird. Privatschulen sind sich auch im Bereich der Digitalisierung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und entwickeln neue Konzepte und Methoden zur digitalen Bildung und zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz an Schulen. Aufgrund ihrer eigenständigen und effizienten Arbeitsweise können sie schneller auf neue Rahmenbedingungen reagieren, was sich in innovativen Konzepten und Lehrplänen widerspiegelt. Private Bildungseinrichtungen erfüllen somit nicht nur das Gebot der Gleichwertigkeit gegenüber dem staatlichen Schulprogramm, sondern heben sich durch ihr jeweils individuelles Profil ab. Flache Hierarchien, kleine Klassen, die Nähe zur Eltern- und Schülerschaft sowie die Verantwortlichkeit der einzelnen Träger ermöglichen zudem kurze Kommunikations- und Entscheidungswege. Sie sind für viele Eltern wegen dieser Innovationskraft und der modernen Lernkonzepte eine entscheidende Alternative zu staatlichen Schulen.

Forderungen

 

Schulen in privater Trägerschaft leisten einen wesentlichen Beitrag für ein attraktives und zukunftsorientiertes Bildungsangebot in Deutschland. Umso wichtiger ist es, sie vollumfänglich zu schützen und der Privatschulfreiheit entgegenstehende Vorgaben und Einschränkungen abzubauen. Die Politik muss die privaten Schulen als gleichwertige Partner im Bildungssystem anerkennen und fördern. Wir stehen deshalb für folgende freiheitliche Forderungen:

1. Freiheit durch Gleichberechtigung: Ein zukunftsfähiges Bildungsangebot setzt voraus, dass der Staat Bildungsinvestitionen weiter ausbaut und eine verlässliche und langfristige Finanzierung der Bundesbildungsprogramme sicherstellt. Dabei müssen die Bildungsinvestitionen des Bundes und der Länder allen Bildungseinrichtungen unabhängig von ihrer Trägerschaft zugutekommen. Im Sinne des Artikel 104c Grundgesetz sind Privatschulen bei allen Investitions- und Zukunftsthemen gleichberechtigt zu finanzieren und zu beteiligen.

2. Freiheit durch ausreichende Finanzierung: Der Staat muss seiner Förderpflicht und Infrastrukturverantwortung nachkommen und Finanzierungsmodelle entwickeln, die eine auskömmliche und nachhaltige Finanzierung gewährleisten. Inflationsdynamiken sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie nationale und globale Krisensituationen. Private Schulen brauchen verlässliche Finanzkonzepte, die eine Planbarkeit über mehrere Jahre hinweg sicherstellen und sich an die Bedürfnisse der jeweiligen Schulen anpassen.

3. Freiheit für Lehrerqualifizierung: Es bedarf einer ausreichenden Anzahl optimal ausgebildeter Lehrkräfte, die den neuen Anforderungen gewachsen sind. Ohne qualifizierte Seiteneinsteiger droht unser Bildungssystem zu kollabieren. Somit ist der Staat verpflichtet, auch die privaten Schulen als Teil des Schulsystems angemessen mit Lehrkräften auszustatten. Um Ausbildungskapazitäten bedarfsgerecht auszubauen und die Lehrkräfteausbildung voranzubringen, bedarf es deshalb gemeinsamer Maßnahmen von Bund und Ländern sowie der bundesweiten Einbindung der Potenziale privater Bildungsträger.

4. Freiheit für Digitalisierung: Der Bund muss gemeinsam mit den Ländern dafür Sorge tragen, dass die digitale Infrastruktur an den Schulen weiter ausgebaut, medienpädagogische Konzepte verankert und die Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer verbessert werden. Finanzielle Mittel für die Administration und Pflege der Technik vor Ort müssen ebenfalls in ausreichendem Maße bereitgestellt werden. Die Bildungseinrichtungen entscheiden je nach Bedarf eigenständig, wofür sie die bereitgestellten Finanzmittel einsetzen.

5. Freiheit durch Bürokratieabbau: Verwaltungsaufgaben und zunehmende Bürokratie belasten Schulträger, Schulleitungen und Lehrkräfte zusätzlich und führen zu einer Abkehr von der eigentlich im Mittelpunkt stehenden pädagogischen Arbeit. Dies geht wiederum zulasten der Bildungsqualität für Schülerinnen und Schüler. Bürokratische Hürden müssen deshalb abgebaut werden, damit Lehrkräfte ihrem Bildungsauftrag wieder in vollem Umfang gerecht werden können, ohne überlastet zu werden. Vorgaben durch die Schulaufsicht, die weit über die gesetzlichen Regelungen hinausgehen, müssen ebenfalls reduziert werden.

6. Freiheit für Innovation: Technische Entwicklungen, wie beispielsweise der Einsatz Künstlicher Intelligenz, beeinflussen die Bildungslandschaft unmittelbar und bieten die großartige Chance, pädagogische Konzepte und Methoden zukunftsorientiert weiterzuentwickeln und an die Lebenswirklichkeit der Lernenden anzupassen. Diese Innovationkraft gilt es zu nutzen, um zukunftsfähig zu bleiben. Die pädagogische Freiheit der Schulen darf deshalb nicht durch zusätzliche Vorgaben eingeschränkt werden.

Quelle: Leipziger-Erklaerung.pdf (privatschulen.de)