Die Anfänge

Die Montessori Fördergemeinschaft Hofheim e.V. wurde 1991 als Elterninitiative mit dem Ziel gegründet, Einrichtungen zu etablieren, in denen Kinder langfristig von der Montessori-Pädagogik profitieren können. Die folgende Darstellung gibt einen Eindruck von den Aktivitäten in den Gründerjahren und der Entwicklung zum Montessori-Zentrum.

"Wer hast Lust auf Montessori?" - Von der Interessengemeinschaft zum Verein

Das Abenteuer "Montessori in Hofheim" begann im Mai 1991 mit einem Aufruf von Inge Neumeyer in der Hofheimer Zeitung: "Wer hat Lust auf Montessori"?

Auf diesen Aufruf meldeten sich die ersten 20 Interessenten - die Eltern-Interessengemeinschaft Montessori war geboren. Zur besseren Umsetzung dieser "Lust auf Montessori" gründete sich wenige Wochen später die Montessori Fördergemeinschaft.

Zwischen Mai und Juli 1991 wurden drei Informationsabende veranstaltet, um weiteren interessierten Eltern und den Politikern der Stadt das Montessori-Konzept näher zu bringen. Durch die Aktivitäten dieser ersten Wochen fanden sich bereits 40 Eltern zusammen, die auf einer gemeinsamen Liste der Stadt Hofheim gegenüber ihrem Wunsch nach einer Montessori-Gruppe Ausdruck gaben und schließlich auch den Entschluss fassten, sich als Verein zu gründen, um der Stadt Hofheim gegenüber als ernstzunehmender Gesprächspartner auftreten zu können. Am 24. Juli 1991 fand im Gasthof "Viehweide" die Gründungsversammlung statt.

Vom Verein zum Kinderhaus

Nachdem sich herausgestellt hatte, dass eine Montessori-Gruppe im neuen Steinberg-Kindergarten nicht möglich war, entschloss sich der junge Vorstand wegen des bestehenden Bedarfs an zusätzlichen Kindergartenplätzen einen eigenen Kindergarten zu gründen. Er machte sich umgehend auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten und stieß damit auf die erste große Hürde.

Parallel dazu verstärkte er die Öffentlichkeitsarbeit. Er erstellte eine erste Vereinsbroschüre, organisierte einen VHS-Kurs für Eltern mit dem Titel "Das kreative Kind", veranstaltete weitere Infoabende und stellte den Hofheimern mit Info- und Aktionsständen in der Innenstadt die Idee eines Montessori-Kinderhauses vor.

Anfang 1992 schließlich kam es zum entscheidenden ersten Kontakt mit dem Haus vom Guten Hirten: Räumlichkeiten wurden gerade frei durch die Auflösung eines Pflegeheims. Die erste große Hürde der passenden Räumlichkeiten war damit genommen und die nächste Aufgabe stellte sich: die Finanzierung des anstehenden Umbaus.

Aus einer ehemaligen Waschküche sollte mit einem geschätzten Aufwand von DM 350.000,- ein Kindergarten entstehen. In den nächsten Monaten setzte der Vorstand alle Hebel in Bewegung, verhandelte mit der Stadt Hofheim, organisierte eine große Spendenaktion - mit ganz kläglichem Ergebnis - und musste schließlich der Tatsache ins Auge sehen, dass der Verein einen solchen Betrag nicht aufbringen konnte.

Im Herbst 1992 rief Inge Neumeyer die Oberin des Ordens in Hofheim, Sr. Gudula, an, um ihr mitzuteilen, dass der Verein die Pläne auf ihrem Gelände aufgeben müsse. Zwei Tage später rief diese zurück, um mitzuteilen: "W i r  wollen aber, dass Sie das machen!" und bot im Namen des Ordens an, die Umbausumme vorzufinanzieren. Mit dem Kloster als Partner verliefen nun auch die Verhandlungen mit der Stadt erfolgreich.

Am 28. August 1993 wurde die Eröffnung des Montessori-Kinderhauses mit den ersten 40 Kindern, ihren Eltern und vielen offiziellen Teilnehmern aus Politik und Ämtern mit einem großen Fest gefeiert. Ingelore Ehrlich, die bereits seit dem Frühjahr mit einer Vorgruppe in ihrem Wohnzimmer die Arbeit aufgenommen hatte, wurde die erste Kinderhaus-Leiterin.

Montessori-Diplomkurse

Schon im Zuge der Vereinsgründung war klar, dass die Eltern nicht nur ein Kinderhaus und eine Schule ins Leben rufen, sondern auch eine Ausbildungsstätte für die zukünftigen Mitarbeiter schaffen wollten. Der Verein bereitete daher auf Initiative von Christiane Gobbin-Claussen ein weiteres wichtiges Standbein vor.

Am 4. Februar 1994 konnte der erste Montessori-Diplomkurs der Montessori-Vereinigung e.V. -Sitz Aachen- gestartet werden. Diese Kurse haben das Ziel, die TeilnehmerInnen in die Theorie und Praxis der Montessori-Pädagogik einzuführen und sie zu befähigen, im Sinne der Pädagogik Maria Montessoris tätig zu sein. Sie enden mit der Verleihung des Montessori-Diploms.

Den Kursteilnehmern wurden im Laufe von 1¾ sehr arbeitsintensiven und inhaltsreichen Jahren die Kerngedanken der Montessori-Theorien nahegebracht, sie lernten das Montessori-Material für die erste Entwicklungsstufe kennen und trainierten den praktischen Umgang damit, sie übten den sensiblen Blick für das Verhalten der Kinder und ihre Bedürfnisse, um im richtigen Augenblick passende Hilfsangebote machen zu können. Sie hospitierten in anderen Einrichtungen und erstellten eigenes Material für die Praxis, das den geforderten Kriterien an ein Montessori-Material genügt. In einer schriftlichen Prüfung zu theoretischen und prakti­schen Themen und einer mündlichen Prüfung bewiesen die Teilnehmer am Schluss, dass sie die wesentlichen Prinzipien der Montessori-Pädagogik verstanden hatten und anwenden konnten.

Seit 1994 wird bei hoher Nachfrage ca. alle zwei Jahre ein Montessori-Diplomkurs als Zusatzausbil­dung für Pädagogen durchge­führt. Da geeignetes Fachpersonal auf dem Arbeits­markt schwer zu finden ist, hat sich dieser Kurs bereits als guter Fundus erwiesen sowohl für unsere als auch für umliegende Montessori-Einrichtungen.

Vom Kinderhaus zur Schule

Kinder und Eltern waren schnell begeistert von ihrem Kinderhaus und so stellte sich schon nach wenigen Monaten die Frage nach einer Weiterführung in Form einer Montessori-Schule.

Eine Arbeitsgruppe Schule unter Leitung von Sabine Bergmann gründete sich im April 1994 und ging mit ähnlichem Schwung an die Verwirklichung des nächsten Traums, der Kinderhaus und Schule unter einem Dach sah. Die Möglichkeiten waren allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben: In den drei Stockwerken darüber war die Caritas mit einem Tages- und Kurzzeitpflegeheim eingezogen, sodass ein anderer Standort für die Schule gesucht werden musste.

Anfang 1996 waren die Verhandlungen mit Stadt und Kreis über ein Schulgrundstück am Steinberg schon weit gediehen, ein Architekt gefunden und ein Vertrag vorbereitet, als zufällig einen Tag vor Unterzeichnung des Architektenvertrags die damalige Hofheimer Oberin des Ordens, Sr. Gudula, bei Inge Neumeyer anrief und sich erkundigte, wie viel Platz denn für den geplanten Schulbeginn mit den ersten Gruppen im Herbst 1996 benötigt würde. Rechtzeitig war ihr bekannt geworden, dass die Caritas einen Neubau plante, sodass sie vor einer Mietvertragsverlängerung mit der Caritas im Sinne der Fördergemeinschaft verhandeln konnte.

Da die Caritas erst Ende Juli aus den zukünftigen Räumlichkeiten der Schule im dritten Stock ausziehen konnte, mussten die Umbaumaßnahmen in einer Rekordzeit von nur 6 Wochen erfolgen. Natürlich war nicht alles perfekt und bis ins Detail fertig. Trotz allem grenzte es an ein Wunder, dass Architekt und beteiligte Firmen mit ihren unterschiedlichen Gewerken zum Schulbeginn am 15. September 1996 die Räumlichkeiten so übergeben haben, dass tatsächlich die ersten 38 Schüler mit ihren drei LehrerInnen einziehen konnten.

Ein Jahr später wurde die Grundschule um die Jahrgänge 5 und 6 erweitert und die Integrierte Gesamtschule unter der Federführung von Rüdiger Biedermann genehmigt.

Die Schule arbeitete von Anfang in gemischten Gruppen von je drei bis vier Jahrgängen (1-3, 4-6) und inklusiv - ein Begriff, der damals noch nicht gebräuchlich war; sein Anliegen aber, nämlich alle Kinder willkommen zu heißen, war den Gründereltern und den ersten PädagogInnen selbstverständlich und seit Gründung des Kinderhauses in der Satzung verankert.

Von Beginn an war das Angebot am Nachmittag – heute nennen wir es Schülerhaus – ein wichtiger Baustein und eine Grundlage für das Ganztagskonzept, das mit der neuen Schulleite­rin Ute Vogell (ab 2000) Schritt für Schritt eingeführt wurde.

Mit ihr wurde auch die Sekundarstufe 1 weiter ausgebaut. Möglich wurde der Ausbau dadurch, dass das Haus vom Guten Hirten der Schule ein weiteres Gebäude (Haus 2) zur Verfü­gung stellte, in dem ehemals ein Kinderheim untergebracht war. Wieder wurde in vielen Elternarbeitsstunden renoviert, Wände eingerissen, gestrichen, um den neuen Gruppen neue Räume zur Verfügung stellen zu können.

2001 wurden die ersten Haupt- und Realschulprüfungen abgenommen. Damals noch unter Beteiligung von Prüfern der benachbarten Rosenbergschule, da die Montessori-Schule noch nicht staatlich anerkannt war (es gab damals in Hessen auch noch keine zentralen Abschlussprü­fungen). Zunächst waren die Abschlussschüler noch in einer eigenen Gruppe zusammengefasst, was später zugunsten einer Integration in die gemischte Gruppe aus 4 Jahrgängen aufgegeben wurde. 2003 war es dann soweit: Die Schule erwarb die staatliche Anerkennung und das Prädikat „Schule mit besonderer pädagogischer Prägung“ vom hessi­schen Kultusministerium. Ab jetzt konnte sie die Prüfungen in Eigenregie durchführen.

Der Zertifikatskurs

Mit dem Ausbau der Sekundarstufe entstand natürlich auch im weiterführenden Bereich ein Bedarf an Montessori-Lehrern. Seit 2005 wurde deshalb der ebenfalls zweijährige Zertifikatskurs im Montessori-Zentrum angeboten, in dem alle „eigenen“ LehrerInnen in der Sekundarstufe ausgebildet wurden, der sich aber auch großer Beliebtheit bei den inzwischen wie Pilze aus dem Boden sprießenden anderen Montessori-Sekundarschulen in der Umgebung erfreute.

Die gymnasiale Oberstufe und das erste Zentralabitur

Und bald wurde bei den Schul-Eltern der Ruf nach einer gymnasialen Oberstufe laut. Die Ab­schluss-Schüler gingen in Ausbildungen oder an andere weiterführende Schulen, wo sie auch gut zurechtkamen. Aber warum konnten sie nicht weiter nach dem mittlerweile bewährten Montessori-Ansatz unterrichtet werden?
2007 wurde dann die Genehmigung beantragt und 2008 war es so weit: Der erste Jahrgang der Stufe 11 nahm seine Arbeit auf. Die Oberstufe war von Anfang in der Jahrgangsmischung konzipiert. Die Verantwortlichen im Staatlichen Schulamt konnten sich zunächst nicht vorstellen, dass das funktionieren könnte und es be­durfte einiger Überzeugungsarbeit. Der Erfolg gab uns Recht: 2011 verließen die ersten 11 Montessori-Schüler mit Abitur die Schule. Und nach allem, was sie berichten, sind sie ebenso wie die späteren Jahrgänge für ihren Lebensweg, ihr Studium oder eine Berufsausbildung bei uns gut vorbereitet worden und meistern die Herausforderungen ziemlich gut.

Die Qualität der Ausbildungskurse wird verbessert: Der Bindi-Kurs

Der ursprüngliche Diplom-Kurs wurde 2011 „modernisiert“ und von Ingelore Ehrlich 2011 bei uns im Zentrum etabliert. Mit gemeinsamen Modulen für alle TeilnehmerInnen und getrennten Modulen für PädagogInnen, die mit Kindern in den verschiede­nen Entwicklungsstufen arbeiten, wurden die Kursinhalte noch präziser auf die praktische Anwendung bezogen. Die Inhalte wurden um die erste Entwicklungsstufe der Unter-Drei-Jährigen erweitert sowie die Inhalte für die Arbeit mit 9 – 12-Jährigen grundlegend ausgebaut. Sie folgen den Richtlinien der Deutschen Montessori-Gesellschaft (DMG) mit Sitz in Wiesbaden, mit der wir seither bei allen unseren Kursen kooperieren. (Informationen zu aktuellen Kursen finden Sie hier.)

Änderung der Vereinsstruktur

Vor über 20 Jahren hatten Eltern aus Eigeninitiative heraus einen Verein gegründet, der Träger für das Kinderhaus und die Schule wurde. Ein ehrenamtlicher Vorstand führte die Geschäfte des Vereins und trug die Gesamtverantwortung. Über 10 Jahre hatte der Verein mit Dr. Jörg Boysen als Vorstandsvorsitzendem einen stabilen Kopf, der mit seinen Vorstandskollegen gemeinsam unzählige Arbeitsstunden investierte, damit das „Baby“ Montessori-Zentrum wachsen und gedeihen konnte. Mit der Schule wuchsen die Aufgaben und wuchs auch die Verantwortung, die ein ehrenamtlicher Vorstand kaum noch leisten konnte. Deshalb wurde das Montessori-Zentrum 2012 organisatorisch neu strukturiert, indem ein hautamtlicher Vorstand eingesetzt wurde mit Ulrike Molter-Nawrath als pädagogischem Vorstand (und gleichzeitig Schulleiterin) und Ralf Beyer als kaufmännischem Vorstand (gleichzeitig Verwaltungsleiter).  Parallel dazu wurde als neues Gremium ein 6-köpfiger Aufsichtsrat etabliert, der von der Mitgliederversammlung gewählt wird (siehe Vereinsstruktur).

Staatliche Anerkennung der Schule und Montessori-Nest

Die Entwicklung der Schule war 2013 mit der staatlichen Anerkennung der gymnasialen Ober­stufe abgeschlossen.

Das Jahr 2013 war aber noch in anderer Hinsicht bedeutend: Es markierte einen (vorläufi­gen) Schlusspunkt für die Gesamtentwicklung des Zentrums, denn in diesem Jahr wurde auch das Montessori-Nest eröffnet. Es bietet eine Ergänzung des Montessori-Angebotes im Kinder­haus für die allerjüngsten Kinder ab 11 Monaten. Hier wurden zwei Gruppen mit je 10 Kindern als Dreiviertel- oder Ganztagsplätze eingerichtet.

Ausblick: Die Jugendschule

Damit ist das Montessori-Zentrum zwar über alle Altersstufen hinweg komplett, aber noch nicht fertig. Es wird derzeit fleißig daran gestrickt, die Sekundarstufe zu verbessern und zu ergänzen um ein Gelände, auf dem Jugendliche in der Gemeinschaft der Gleichaltrigen zusammen arbeiten und studieren kön­nen, wie Montessori dies in ihrem „Erdkinderplan“-Konzept entworfen hatte.

Weiterentwicklung der Montessori-Ausbildungskurse

Parallel zur Entwicklung der Jugendschule wurde auch die Montessori-Ausbildung für die Sekundarstufe I von der Deutschen Montessori Gesellschaft (DMG) unter Beteiligung von PädagogInnen des Montessori-Zentrums neu konzipiert. Der erste Kurs, der sich an die Gedanken des „Erdkinderplans“ anlehnt, wurde ab April 2018 bei uns angeboten.