Montessori beim Hessischen Landtag

Die ersten Montessori-Kinder unserer B-Blau stehen bereits in den Startlöchern, um den Ort zu besuchen, an dem Erwachsene über die Geschicke ihres Bundeslandes Hessen üblicherweise beraten.

Darüber hinaus ist das auch ein wichtiger Ort für ihr Leben, da dort die Landesabgeordneten nicht nur die Gesetze und das Budget von Hessen beschließen, sondern auch die Landesregierung kontrollieren.

Mit ihren Rucksäcken voller Proviant marschieren sie im Alter zwischen 9 und 12 Jahren aufgeregt in Zweierreihen die Schloßstraße Richtung Amselweg hinunter. Von dort nehmen sie den Bus 262 in Richtung Landeshauptstadt. Sicherheitshalber haben sie eine Buslinie früher genommen; nicht dass der Bus sich verspätet oder gar ausfällt und der Landtagstermin vielleicht noch ins Wasser fällt! Als der Bus pünktlich die Haltestelle anfährt und 22 SchülerInnen mit Lernbegleitung nach Wiesbaden aufnimmt, verflüchtigen sich die Bedenken.

Am Hessischen Landtag angekommen, finden sie das Gebäude in Baufolie eingehüllt, deren Aufdruck die Pracht der Gebäudefassade erahnen lässt. Nach kurzer Orientierungsphase läuft die Schülergruppe schließlich zur Kavalierpforte des Landtages, an der Frau Hahner sie um 10:30 Uhr in Empfang nehmen und in der plenarfreien Zeit durch den Landtag führen wird. Da die SchülerInnen zeitig angekommen sind, nutzen die meisten noch bis zur Führung den großen Vorplatz und frühstücken oder spielen unter der winterlichen Sonne. 

Eine Reise durch die Zeit

Nun ist es soweit. Die Führung kann beginnen. Die Kinder werden von Frau Hahner angeleitet und gehen über den Innenhof am Hessen-Löwen vorbei. Sie begeben sich in den modernen Trakt des Gebäudekomplexes, um ihre Garderobe abzugeben. Wer möchte, kann noch schnell „seine Nase pudern“. Nur wenige Schritte weiter, tauchen sie nämlich in eine andere, eine vergangene Zeit und Welt ein, die dann wieder hinter sich gelassen werden soll, um im modernen Gebäudetrakt - im Plenarsaal - Platz nehmen zu können. Es scheint, als würden sich Neu und Alt dort in einem harmonischen Komplex verbinden, dessen Türen den Übergang von einer zur anderen „Welt“ markieren. Da stehen sie nun, vor der Pforte einer Zeit, die nicht von heute scheint, bereit für den Zeitsprung in die Vergangenheit. Alle 22 Kinder schreiten staunend hindurch. Prunkvolle, großartig restaurierte Schlossräume des ehemaligen Stadtschlosses des Herzogs Adolf von Nassau erwarten sie und lassen den Prunk der Geschichte des Hauses erahnen. Es ist eine Zeit mit reichen Wand- und Deckenmalereien, die die Faszination für die Kunst der im frühen 19. Jahrhundert gerade ausgegrabenen Stätten der Klassischen Antike abbildet. Frau Hahner macht kindgerecht auf die Besonderheiten des Musikraums und Details in den anderen Räumen aufmerksam, gibt Informationen zur Geschichte und Architektur des Gebäudes. Am Ende der Gänge durch vergangene Zeiten gelangen die Kinder schließlich in den modernen Plenarsaal.  

Von den oberen Besucherrängen können sie mithilfe eines Flyers erraten, wo welche Fraktion und der Präsident im Plenarsaal sitzen und was sie den ganzen Tag im Saal tun. Sie erklärt z. B. auch warum nicht alle Abgeordneten die ganze Zeit den Plenarsitzungen beiwohnen können und was Stenografen trotz Digitalisierung für eine wichtige Aufgabe haben oder erläutert Aufgaben und Arbeitsweise der Hessischen Abgeordneten des Landesparlaments.  

Im Dialog

In Anschluss an die Führung haben die Kinder die Möglichkeit, mit drei Landtagsabgeordneten verschiedener Fraktionen 60 Minuten lang zu sprechen. Sie stellen Fragen zu aktuellen politischen sowie persönlich bewegenden Themen wie z. B. zu „FridayforFuture“, Digitalisierung und zur Arbeit der Parlamentarier.

Bei der Frage, was den verschiedenen Abgeordneten denn am meisten an ihrem Job gefiele, antworten sie zusammenfassend und sinngemäß: Es sei die große Freiheit und ein Privileg, die Arbeit selber einteilen zu können und die Geschicke des Landes mit gestalten zu können, sich mit – auch vielen neuen – Themen zu beschäftigen, die einen interessieren und das Ergebnis zu sehen, wenn das Beschlossene unmittelbar positiv wirkt, z. B. Abschaffung von Studiengebühren. Bei der Frage einer Abgeordneten, wer von den SchülerInnen sich im Erwachsenenalter vorstellen könnte, politisch aktiv zu werden und vielleicht Politiker*in zu werden, meldeten sich drei Montessori-Kinder; was die Abgeordneten sehr positiv überraschte, da wohl solch eine klare Vorstellung nicht immer in Schulgruppen vorhanden sei. Doch die Art der Arbeit komme unserem Montessori-Prinzip ja schon sehr nahe.